Dienstag, 12. Dezember 2006

Shadow of the Colossus

Inhalt
Irgendwer sagte einmal, Videospiele wären erst dann Literatur, wenn sie etwas hervorbrächten was wäre wie Moby Dick - jedenfalls aus dem Gedächtnis zitiert, also vermutlich falsch.

Shadow of the Colossus ist wie Moby Dick. Doch mehr dazu später.

Die Geschichte beginnt mit einem namenlosen Wanderer, der zu einem uralten Tempel im verbotenen Land Dormin eilt, von dem es heißt, er könne Tote wieder zum Leben erwecken.
Tot ist in diesem Falle eine junge Frau. Sie zu retten ist das oberste Ziel des Helden und dafür würde er alles tun. Monster bekämpfen, sein Leben riskieren.
Und genau das wird er auch müssen. Eine Stimme im Tempel erzählt von den magischen Kräften des Schwertes, welches der Wanderer bei sich trägt und wie die Kraft, Tote zu erwecken in Kraft treten kann, wenn er das Schwert nutzt um 16 uralte Kolosse zu töten, die dieses einsame, öde Land beherbergt.

Ohne Zögern besteigt er sein Pferd Agro und begibt sich zum ersten der Kolosse um sich ihm entgegen zu stellen.
Doch das Zögern wird kommen: Die Kolosse sind gewaltig und uralt und es fühlt sich jedesmal falsch an, solch erhabene Kreaturen zu töten. Und mit jedem erschlagenen Giganten geht etwas Schwarzes, Böses auf den Wanderer über.

Was den Spilm mit Melvilles Roman verbindet ist die Darstellung des Wahnsinns. Der Wanderer wie auch Kapitän Ahab sind bereit, etliche Leben zu vernichten um ihr Ziel zu erreichen.
Wenn auch der Wanderer ein stärkeres Motiv hat (Rettung) als Ahab (Rache) und Ahab zudem Menschenleben aufs Spiel setzt wo der Wanderer "nur" völlig fremde Keaturen tötet, so ist doch ihre Jagd ähnlich.
Unnachgiebig, ewig, oftmals eintönig, zielgerichtet: Töte das riesige Tier. Und jedesmal, wenn der Wanderer mit seinem Schwert ein weiteres mal einen Koloss besteigt um ihn zu töten ist er damit in einer beinahe intimen Nähe zu Ahabs Tod, mit dem Seil an den Körper des Wales gefesselt. Spätestens bei den Kämpfen gegen die Seeschlangen Hydrus und Pelagia wird die Verbindung offensichtlich.
Und doch ankert das Prinzip auch ganz tief in der Vergangenheit der Videospiele: Hindernisse überwinden und den Monstern auf den Kopf springen/klettern um das Mädchen zu retten - das ist im Grunde Super Mario Bros. in Reinkultur.
Diese doppelte Hommage stellt den Spilm an die Schnittstelle zwischen Literatur und Spiel, die so lange und oft für nicht existent gehalten wurde und wird. Und das ist ein großer Verdienst.

Mechanik
Die Mechanik unter "Action"-Adventure einzuordnen ist ein großes Zugeständnis an die klassischen Einordnungen. Das teils ewig lange Reiten durch eine leere Steppe zum nächsten Koloss, die Melancholie die sich nach einem Sieg ausbreitet - das alles mag so gar nicht passen.
Dennoch ist die Steuerung durchaus nach den Schemata des Action-Adventures gestaltet und abgesehen von einigen Problemen mit dem Pferd (vor allem beim Aufsteigen) sehr gut umgesetzt. Die Kolosse besiegt man, indem man an ihrem Fell hinaufklettert und ihre schwache Stelle sucht, ein Unternehmen, dass sich gut steuern lässt und dennoch den beeindruckenden Gegnern angemessen schwierig ist.

Spilmwertung: 5/5

Shadow of the Colossus
Originaltitel: Wanda to kyozō
Genre: Fantasy
Mechanik: Action-Adventure
Schwierigkeit: 4/5
Herkunft: Japan 2006
Sprache: Englisch
Drehbuch:Ueda Fumito
Regie: Ueda Fumito
System: Playstation 2

Kostprobe
Das Intro des Titels:

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr schön geschrieben, du hast es gut erfasst :-)

Das Pferd lässt sich aber sehr gut steuern, wie ich finde, denn es hat einen eigenen Sinn und läuft teilweise selbstständig an Objekten vorbei bzw. den rechten Weg entlang. Und DAS finde ich richtig klasse...